Von Frankreich bis zum Nordseestrand: Wie ein Besuch in Erlangen zum Kurzurlaub wird

Dass meine ‘Tour de Franken’ ein kleines Abbild Europas für mich bereit hält, hätte ich zum Start meiner Reise in 14 fränkische Städte niemals erwartet. Nach meinem Besuch im italienisch angehauchten Bamberg hat mich meine fünfte Städtereise nun nach Erlangen geführt, eine Stadt mit französischen Ursprüngen. Habt ihr gewusst, dass Erlangens Neustadt 1686 als Ansiedlung für französische Glaubensflüchtlinge (Hugenotten) errichtet wurde und daher auch ihren Beinamen “Hugenottenstadt” trägt? Allerdings nicht nur aus Solidarität, sondern vor allem auch aufgrund ihrer guten handwerklichen Ausbildung wurden die Hugenotten, zum Großteil Fachleute für Textilien, nach Erlangen geholt. Der wirtschaftliche Faktor prägte Erlagen also schon immer. Die so genannte Planstadt, deren Straßen und Häuser in genauem Verhältnis zueinander stehen, war ein französisches Zentrum inmitten Deutschlands, in dem weit über ein halbes Jahrhundert lang die französische Sprache etabliert war.

Erlangen Planstadt Auch als Fahrradstadt ist Erlangen im Frankenland bekannt. Kein Wunder: Ohne merkliche Steigungen, dafür aber mit einem 200 km langen Fahrradnetz durchzogen, ist das Zweirad nicht nur bei den 40.000 Studenten beliebtes Fortbewegungsmittel.

Erlangen Fahrradstadt Weiterer Fun-Fact: Nachdem die Altstadt Erlangens 1706 völlig abgebrannt war, wurde sie im gleichen Stil der Neustadt wieder aufgebaut. Somit ist Erlangens Altstadt also jünger als die Neustadt. Der Übergang zwischen beiden Teilen an vielen Stellen kaum spürbar – und dadurch teilweise noch nicht einmal den Einwohnern Erlangens selbst wirklich bewusst.

Erlangen Altstädter Kirchenplatz

Sowohl Alt- als auch Neustadt haben Einiges zu bieten und in der sogenannten Zwischenstadt, den Berührungspunkten der beiden Stadtteile, entdecke ich viele kleine individuelle Geschäfte, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Doch zunächst will ich etwas tiefer in die Neustadt eintauchen und euch mitnehmen auf meinem Bummel durch Erlangen: Angefangen auf dem Hugenottenplatz, weiter durch die Neustadt bis hinauf auf den “Berg“, das idyllische Gelände der Erlanger Bergkirchweih.

Die Neustadt

Reges Treiben auf Schloß- und Marktplatz

Ich folge der Hauptstraße stadteinwärts und stoße nach nur ein paar Minuten auf Schloß- und Marktplatz, die sich direkt gegenüber liegen und die beiden wichtigsten Eventplätze Erlangens bilden. Es ist Samstag und es ist Markt. Doch nicht etwa Wochenmarkt, wie man nun erwarten würde. Nein: In Erlangen herrscht bis auf den Sonntag sechs Mal pro Woche reger Marktbetrieb – eine absolute Ausnahme, die mir bisher in keiner anderen Stadt begegnet ist.

Erlangen Marktplatz

Und direkt gegenüber: Ein weiteres Highlight Erlangens: Bereits zum vierten Mal ist Nordseeflair eingezogen in der fränkischen Universitätsstadt. Der SchlossStrand verbreitet von Ende Juni bis Anfang August Urlaubsfeeling pur mitten in der Stadt. Und wer jetzt denkt in Erlangen sei ein weiterer Stadtstrand entstanden, der Tropenfeeling versprüht und mit karibischen Klängen hauptsächlich Partyhungrige anlockt, weit gefehlt. Der SchlossStrand von Erlangen verfolgt gezielt ein ganz eigenes Konzept: Meeresrauschen, original Strandkörbe aus Sylt und ein echt gutes Speisenangebot mit maritimen Variationen von Fischbrötchen über Matjes, Lachs und Scholle kommen bei Familien, Studenten und Älteren gleichermaßen gut an.

Schlossstrand Erlangen Schlossstrand Erlangen Wer es noch relaxter mag, kann eine von vier separaten Lounges anmieten, sogar wahlweise mit einer Servicekraft. Erst dann kommt ein Mindestverzehr zum Tragen. Also auch für größere Gruppen oder Firmenevents eine tolle Möglichkeit in gemütlicher Beach-Atmosphäre etwas privater zu sein.

Schlossstrand Erlangen Wer weiß, vielleicht lockt die Direktverbindung zwischen Nürnberg und Sylt bald auch Nordseeküstenbewohner nach Franken. Bei mir hat der SchlossStrand mit seinem außergewöhnlichen Konzept auf jeden Fall gepunktet und wir verabreden uns gleich für den Abend mit Freunden. Doch bevor wir den Tag in Erlangen gemütlich ausklingen lassen, ziehen wir nun erstmal weiter durch die Neustadt und ich zeige euch einige versteckte Ecken.

Das Palais Stutterheim – Kunstpalais, Kulturtreffpunkt und Trausaal

Die frühere Rathaus ist heute Bibliothek, Lesesaal und Ausstellungshalle in einem und wird auch für Lesungen, Theater und Konzerte genutzt. Im 2. OG befindet sich der romantische Bürgersaal, der gerne für standesamtliche Trauungen genutzt und dem vom 70er-Jahre-Stil geprägten neuen Rathaus vorgezogen wird.

Erlangen Palais Stutterheim

Von hier hat man auch einen schönen Ausblick auf den Marktplatz mit dem Paulibrunnen in der Mitte.

Der Schlossgarten – Rückzugsort und Eventkulisse

Hinter dem Markgrafenschloss verbirgt sich der ruhig angelegte Schlossgarten, der wie das Schloss selbst zur Universität gehört. Während der Schlossgarten an einem normalen Samstag wie heute als schattiger Rückzugsort dient, verwandelt sich das Gelände mehrmals im Jahr zu einer riesigen Eventbühne: Schlossgarten– und Poetenfest sowie die bekannten Schlossgarten Konzerte finden alljährlich statt. Figurentheater Festival und Comicsalon wechseln sich im Zweijahres-Rhythmus ab. Erlangen Schlossgarten Direkt vor den Toren des Schlossgartens befindet sich das Cafe Mengin, ein seinerzeit von Hugenotten gegründetes Café, das bis heute seinem ursprünglichen französischen Namen & den damit verbundenen kulinarischen Wurzeln treu geblieben ist.

Café Mengin Erlangen

Das Markgrafentheater – ältestes noch bespieltes Barocktheater Süddeutschlands

Dieses schnuckelige Theater, das seit den 50er Jahren wieder stilistisch den gehobenen, innenarchitektonischen Ansprüchen von Markgräfin Wilhelmine aus der Mitte des 18. Jahrhunderts entspricht, verschlägt mir spontan den Atem. Und ich beschließe unbedingt wiederzukommen, um das Theater-eigene Ensemble einmal live bei einem Schauspiel zu erleben. Denn nicht nur der Saal selbst ist wunderschön eingerichtet, auch die Akustik soll hervorragend sein.

Markgrafentheater Erlangen

Heuwaagstraße – kleine, individuelle Geschäfte

In der ehemaligen Ringstraße der Neustadt ziehen mich ganz besonders die kleinen, Inhaber geführten Geschäfte und individuelle Cafés in den Bann, so zum Beispiel:

Das Kunst Cafe, ein sehr individuell eingerichtetes Café, das auf den ersten Blick mehr wie ein Kunst-Laden wirkt. Doch hier kann man beides: Kaffee trinken und Kunst shoppen. Man sitzt auf alten Möbeln, die mit unterschiedlichen Acryltechniken bearbeitet und mit bunten Glaseinsätzen versehen in ganz neuer Optik erstrahlen. Künstler und Kunsthandwerker haben die Möglichkeit ihre Werke auszustellen und zu verkaufen.

Erlangen Kunst Café

Pralinen & mehr: Schokoträume mit fränkischen Wurzeln und Schokoladen aus namhaften europäischen Confiserien gibt es hier zu kaufen. Die Senior-Chefin kennt sich bestens mit den verschiedenen Geschmacksrichtungen aus und lässt uns gleich mal probieren. Wer Interesse hat, Erlangen mit alle nur Sinnen zu entdecken, sollte auch mal einen Blick auf die verschiedenem kulinarischen Touren werfen, die in Erlangen angeboten werden. 

Und das “Dodal Regional” hält, was es verspricht: Lebensmittel von ausschließlich regionalen Herstellern werden hier verkauft: Von Brot über Marmelade, Nudeln bis hin zu Schnaps und Ölen.

Dodal Regional Erlangen Dodal Regional Erlangen Grundsätzlich fallen mir in Erlangen viele Familienbetriebe auf, die mit ihren Ideen einen ganz eigenen Charme in die Gassen bringen.

Die Zwischenstadt

Zwischen Alt- und Neustadt, in der so genannten Zwischenstadt, sind ebenfalls einige tolle Lokale zu finden. Auch Bio und Regionalität ist in Erlangen durchaus angesagt. Das familiengeführte Restaurant Das Muskat ist aus einem Naturkost-Cafè hervorgegangen und serviert deutsch-italienische Bio-Saisonküche und hausgemachte Kuchen.

Restaurant Muskat Erlangen

Die Altstadt

Und kaum merken wir es, überschreiten wir die imaginäre Grenze zur Altstadt und stehen vor einem der ältesten Brauereigebäude Erlangens. Auch wenn das Erich-Bräu heute nicht mehr in Betrieb ist, so ist die Brauerei ein durchaus bekannter Name. Zwar gibt es heute nur noch zwei aktive Brauereien, doch Erlangen ist auch ehemalige Bierstadt: Vor dem 1. Weltkrieg gab es in der Stadt 18 Brauereien, danach nur noch 5 und nach dem 2. Weltkrieg lediglich 3, bis in den 70´ern durch den Aufkauf von Patrizier nur noch zwei übrig blieben: Steinbach und Kitzmann.

Erichbräu Erlangen Das Gebäude ist trotzdem sehenswert, denn es befindet sich am augenscheinlich schönsten Platz Erlangens, dem Altstädter Kirchenplatz. Im ehemaligen Wohnhaus der Familie Erich isst man heute gehoben Thailändisch und findet die angeblich schönste Bar Erlangens: Das Zen.

Zen Erlangen

Der Berg

Einmal im Jahr verwandelt sich der Berg mit seinen Bierkellern in Europas größten Biergarten. Immer Anfang Juni findet hier die Erlanger Bergkirchweih statt. Wir machen heute einen Abstecher in den Entla´s Keller, wo uns Vincent Schiller begrüßt. Vincent ist selbst Braumeister und führt den Entla´s Keller in Familientradition, die bereits seit über 60 Jahren besteht. Er lässt uns etwas hinter die Kulissen blicken, denn kaum vorstellbar ist an so einem ruhigen Samstag wie heute, was auf dem Berg während der Kerwa abgeht. 160 Leute hat Vincent dann im Einsatz für zwölf Tage Feierei, während ansonsten gerademal zehn Personen ausreichend sind, um den den Biergartenbetrieb zu stemmen.

Entla´s Keller Erlangen

Vincent führt uns außerdem in das Herz des Kellers. 20 km Gewölbegänge verbergen sich labyrinth-artig unter Tage. Davon sind 7 km begehbar. Zum Einlagern und Kühlen von Bier und frischen Zutaten, wie Fleisch oder Gemüse vom Markt werden diese herangezogen – das Ganze bei konstanten 8 Grad Celsius, im Sommer wie im Winter. Echt beeindruckt und leicht fröstelnd verlasse ich nach ein paar Minuten die Kellergewölbe wieder. Der Temperaturunterschied ist an diesem Sommertag einfach zu groß.

Entla´s Keller Erlangen Entla´s Keller Erlangen

Und zum Schluss lädt uns Vincent noch auf ein Seidla seines eigens kreierten Bieres ein: Ein helles Lager, hopfengestopft mit Cascade Hopfen schmeckt das helle Gebräu wunderbar mild und im Abgang sogar etwas fruchtig nach Mango, wie ich finde.

Entla´s Keller Erlangen Prost also auf einen rundum gelungenen Ausflug nach Erlangen, die Hugenotten-, Fahrrad- und ehemalige Bierstadt Frankens.

Entla´s Keller Erlangen


Dieser Artikel ist im Rahmen der Kampagne “Die Fränkischen Städte” in Kooperation mit dem Tourismusverband Franken entstanden. Insgesamt 14 Städte habe ich im Sommer 2017 bereist und dabei die schönsten Sommer Events der Region erlebt, natürlich immer mit Blick auf die Stadt selbst und ihre Besonderheiten.

Hier geht´s zu den Artikeln von:

Ansbach – Rokoko, Skulpturen & Ansbach Open

Aschaffenburg – afrikanisch-karibische Rhythmen, mediterrane Parks & hessisches Bebabbel

Bamberg – Mediterranes Flair in der Stadt auf sieben Hügeln

Bayreuth – Wagner, Wilhelmine, Weizen, Wurst & Wunderbares

Coburger Designtage & “CO”: Im Schmelztiegel von Design und Kultur

Dinkelsbühl – Heimatliebe, bunte Fassaden & #BasicGermanWords

Eichstätt – Zwischen Barock, Minimalismus und Romantik

Erlangen – Von Frankreich bis zum Nordseestrand: Wie ein Besuch in Erlangen zum Kurzurlaub wird

Fürth(er) – Kleeblatt, Kärwa & Kultur

Kulmbach – Gelebte Biergeschichte & fränkische Tapas

Nürnberg – Stadtoasen & meine Lieblingsplätze in St. Johannis

Rothenburg ob der Tauber – Fränkische Romatik, anyone!? Auf asiatischen Spuren durch Rothenburg

Schweinfurt – Industriegeschichte trifft Kunst & Straßenmusik

Würzburg – maine Perle

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