Kulmbach - gelebte Biergeschichte & fränkische Tapas
Kulmbach Bierstadt

Die nächste Station meiner ´Tour de Franken` führt mich an den Rand der Fränkischen Schweiz, dem Gebiet mit der höchsten Brauerei- und Brennerei-Dichte weltweit, genauer gesagt in die traditionelle Bierstadt Kulmbach. Und bei meinem Besuch dreht sich wahrlich einiges um das flüssige Gold, das diese Region so berühmt macht. Schon bei meiner Ankunft wird deutlich, welches DAS Getränk ist, das hier über die Theken gereicht wird. Großflächige Fahnen verschiedenster einheimischer Brauereien wie Kulmbacher, Mönchshof, EKU oder Kapuziner zieren die Straßenzüge und markieren so den eventreichen Sommer.

Kulmbacher Bierwoche

Kulmbach ist nicht nur irgendeine Bierstadt, nein Kulmbach ist die „heimliche Hauptstadt des Bieres“. Dies begründet sich einerseits durch die unheimliche Biersortenvielfalt von über 28 Sorten, das ortsansässige Bayerische Brauereimuseum und natürlich die festlichen Höhepunkte, wie die Kulmbacher Bierwoche, auf der ich in diesem Jahr zu Gast sein darf.

Kulmbacher Bierwoche

Auf über 3000 Jahre Biertradition lässt sich in Kulmbach schon zurückblicken. Denn bereits 1400 v. Chr. gelang es findigen Bewohnern zum ersten Mal, aus nur wenigen Rohstoffen ein durchaus köstliches Getränk herzustellen. Und da vor einigen Jahrhunderten jedes Haus Braurecht besaß, ist die Bierkultur in Kulmbach seitdem stetig gewachsen. Einige Durststrecken mussten die Einwohner aufgrund von Kriegen oder Epidemien leider ertragen, doch die Tradition riss nicht ab. 1939 wurde schließlich das erste richtige Fest zu Ehren des Gerstensaftes ausgerichtet. In den 90er Jahren konzentrierte sich die Braukunst auf das Areal der Kulmbacher Brauerei, wo die Kulmbacher Bierwoche 2017 einmalig stattfindet. Traditionell steht der Bierstadl nämlich mitten auf dem Marktplatz im Stadtkern. Doch aufgrund von Bauarbeiten musste die Bierwoche dieses Jahr auf das Gelände am Stadtrand umziehen. Mit Sicherheit keine schlechte Alternative, allein schon aufgrund der prachtvollen Kulisse für die auf das Festgelände einziehenden Gruppen des „Festzug der Brauerei-Fanclubs“.

Kulmbach Festzug der Brauerei-Fanclubs Kulmbach Festzug der Brauerei-Fanclubs Kulmbach Festzug der Brauerei-Fanclubs

Seit 2003 hat sich der Fanclubtag etabliert, zu dem Stammtischfreunde und Fans von Kulmbacher, Mönchshof, EKU und Kapuziner aus ganz Deutschland nach Kulmbach strömen. Knapp 2.000 Teilnehmer aus umliegenden Vereinen begleiten den Festzug in kreativen Kostümen und witzig gestalteten Wagen vom Schwedensteg über die Sutte, den Holzmarkt hinaus zum Bierstadl auf dem Festgelände.

Kulmbach Festzug der Brauerei-Fanclubs

Die Bierwoche, eines der größten reinen Bierfeste Deutschlands mit rund 120.000 Besuchern, ist das vielleicht ursprünglichste Bierfest Bayerns. Denn bis heute gibt es keine Fahrgeschäfte oder klassische Marktstände, die vom Wesentlichen ablenken. Die Hauptattraktion ist und bleibt seit über sieben Jahrzehnten das köstliche Bier und die herzliche Stimmung, für die einheimische Musikkapellen und bayernweit bekannte Bands gleichermaßen sorgen. Das Konzept finde das sehr charmant!

Kulmbacher Bierwoche

An insgesamt neun Festtagen wird hier zu Schlager, Blas- und Volksmusik gesungen, auf den Tischen getanzt, reichlich gegessen und natürlich ordentlich Bier getrunken.

Kulmbacher Bierwoche

Wer dazu im Vorfeld noch eine der heiß begehrten Biermarken ergattert hat, darf sich besonders gewertschätzt fühlen. Auch wenn man Speis´ und Trank problemlos mit Bargeld zahlen kann, ist es etwas ganz besonderes, eine Biermarke zum Zahlen bereit zu haben. Diese muss man sich nämlich erst „verdienen“. Von Firmen wird sie oft an Mitarbeiter für besonders gute Leistungen vergeben, oder von Vereinen an ihre Mitglieder. Natürlich kann man die Biermarken im Vorfeld auch erwerben, aber das ist einfach etwas anderes – zumindest für wahre Kulmbacher.

Kulmbacher Bierwoche Biermarke

Und was wäre eine zünftige Maß Bier ohne etwas Herzhaftes zum Beißen? Auch hierfür ist in Kulmbach bestens gesorgt, nämlich mit einer ganz besonderen Spezialität – und ihr ahnt es womöglich schon, dass es sich auch hier um eine Bratwurst dreht. Die Kulmbacher Bratwurst, die aus Schweine- und Kalbfleisch besteht, wird traditionell im mit Anis bestreuten Brötchen, oder fränkisch “Brodwärschdstollen” eingezwickt. Dieses extra für den Verzehr von Bratwürsten entwickelte Brötchen ist doppelt so groß wie eine normale Semmel und macht damit die klassische Kulmbacher Verzehr-Variante “Ein Paar im Ganzen” definitiv zu einer eigenständigen Mahlzeit.

Kulmbacher Bierwoche

Und auch wenn der Gerstensaft Kulmbachs eigentliches Markenzeichen ist, die Stadt hat noch viel mehr zu bieten. Die Altstadt wartet mit einigen Sehenswürdigkeiten auf. Am besten erkundet ihr die Highlights im Rahmen einer thematischen Stadttour, denn dabei erlebt ihr Stadtgeschichte zum Anfassen – immer witzig, kurios und unterhaltsam dargeboten, z.B.:

Mit dem Stadtbüttel durchs mittelalterliche Kulmbach

Ich habe das Glück mich mit Gästeführer und Hobbyheimatforscher Hermann Müller auf historische Spuren durch Kulmbach begeben zu dürfen. Er schlüpft gern in spannende Rollen und weiß als Scharfrichter oder Nachtwächter viel über längst vergangene Zeiten zu erzählen. Heute ist er als Stadtbüttel unterwegs, als “Depp vom Dienst” sozusagen und gibt dabei einige Einblicke in das mittelalterliche Leben Kulmbachs preis.

Kulmbach Stadtführung Kulmbach Stadtführung Kulmbach Stadtführung

Zum Beispiel führt er mich in das älteste Haus der Stadt: Das Badehaus war im Mittelalter das einzige seiner Art in ganz Bayern, neben nur sieben weiteren deutschlandweit.

Kulmbach Badehaus

Dabei erklärt er so Manches über die damaligen Methoden, wie das Schröpfen, oder die Versuche Siffilis mit Quecksilber zu heilen – und dass der Begriff “Quaksalber” genau daher stammt, denn die durch Quecksilber ausgelösten Fieberkrämpfe erwiesen sich als eher kontraproduktiv im Heilungsprozess und somit läutete die Siffilis letztlich auch das Ende der Badekultur ein.

Kulmbacher Bierwoche

Der Stadtbüttel kennt sich zudem bestens aus mit den seinerzeit “städtisch betriebenen Zentren für Gesundheitsvorsorge”, heute als Bordell bekannt und erklärt, woher der “Henkersgruß” kommt: Henker war damals ein äußerst unehrenhafter Beruf. Um Unglück zu vermeiden, durfte man ihn nicht berühren. Das Wirtshaus betreten durfte der Henker nur dann, wenn alle Gäste zugestimmt hatten. Zur Begrüßung klopfte er dann einfach nur kurz auf den Tisch und setzte sich stets separat. Der Henkersgruß ist bis heute guter Brauch geblieben in urigen Gaststuben, auch wenn sich wohl nicht jeder seiner Herkunft bewusst ist – und der Berufszweig zum Glück der Vergangenheit angehört.

Kulmbach Stadtführung

Zahlreiche weitere Anekdoten erfahrt ihr bei den Henkerführungen mit anschließender Henkermahlzeit, den Gruselführungen mit Gruseldinner oder den Nachtwächterführungen.

Grüne Oasen und grandiose Aussichten

Alter Friedhof: Filmkulisse und letzte Ruhestätte für Ehrenbürger

Neben allerlei Fachwerk und Bürgerhäusern aus Renaissance und Barock, durchziehen grüne Oasen Kulmbach. So zum Beispiel der alte Friedhof an der Nikolaikirche, der mittlerweile eine romantische Parkanlage mit historischen Gräbern und Denkmälern geworden ist. Auf dem alten Friedhof liegen zum großen Teil Ehrenbürger der Stadt begraben, beispielsweise die Familie Sauerrmann, die die Wurst in Dosen erfunden und so die Ware haltbar und exportfähig gemacht hat. Der Alte Friedhof diente auch schon als Filmkulisse. Zuletzt wurde hier „The Happy Prince“ von Huppert Everett gedreht. Wenn ihr Interesse habt tiefer in die Geschichte einzutauchen, könnt ihr an einer Führung über den alten Friedhof teilnehmen.

Kulmbach Alter Friedhof

Etappenziel MainRadweg

Kulmbach ist beliebtes Etappenziel entlang des MainRadweges, denn in der Mainaue wo Roter und Weißer Main zusammenfließen, stoppen viele Radreisende, um sich das Naturschauspiel „Mainzusammenfluss“ anzuschauen.

Kulmbach

Bierwanderweg: öffnet im Oktober

Ein weiteres Highlight, das Kulinarik mit Bewegung in der Natur verbindet, ist der neu geplante, zu meinem Besuch noch nicht eröffnete Bierwanderweg. Im Oktober wird es soweit sein, dass Wanderlustige ausgehend von der Brauerei  „Kommunbräu“, über die Brauerei „Zum Gründla“, vorbei am Flugplatz Kulmbach bis zum „Mönchshof Bräuhaus” pilgern und dabei traditionell hergestellte Biere verkosten können. Los geht der 10,5 km lange Wanderweg am Kommunbräu, einer Brauerei, die in einer alten Mühle handwerklich hergestelltes Bernsteinbier und Helles braut.

Kulmbach Bierwanderweg Kommunbräu

Je nachdem wie fit ihr seid, könnt ihr euren Schwierigkeitsgrad selbst bestimmen – eher leicht geht´s in die eine Richtung für genussvolle Freizeitwanderer, die andere Richtung mit mittlerem Schwierigkeitsgrad schlagen anspruchsvollere Wanderer ein. Einplanen solltet ihr ungefähr drei Stunden, allerdings ohne Einkehr.

Kulmbach Bierwanderweg Kommunbräu

Plassenburg

Einen tollen Ausblick über Kulmbach und die Umgebung bis ins Fichtelgebirge habt ihr von der Plassenburg aus. Innen eröffnet sich eine vielfältige Museumslandschaft, dessen Highlight das Deutsche Zinnfigurenmuseum mit dem weltgrößten Diorama bildet.

Kulmbach ZinnfigurenmuseumDer Renaissance-Innenhof bildet zudem die perfekte Kulisse für diverse Open Air Veranstaltungen.

Kulmbach Plassenburg

Seid ihr nun neugierig geworden? Dann kommt in die Bierstadt Kulmbach, die auch im Herbst einiges zu bieten hat. Ideal kombinieren lässt sich Kulmbach mit Bayreuth, das nur rund 20 km entfernt ist. Abseits der Bierzelte ist auch ein Abstecher ins benachbarte Wirsberg mehr als lohnenswert. Dort führt der bekannte fränkische Fernsehkoch Alexander Herrmann das Romantik Posthotel mit Gourmet-Restaurant (1-Michelin-Stern) und Gourmet-Bistro, in dem wir bei “fränkischen Tapas” unser Wochenende gediegen ausklingen lassen.

 Gourmet-Bistro Alexander Herrmann Wirsberg


Dieser Artikel ist im Rahmen der Kampagne “Die Fränkischen Städte” in Kooperation mit dem Tourismusverband Franken entstanden. Insgesamt 14 Städte habe ich im Sommer 2017 bereist und dabei die schönsten Sommer Events der Region erlebt, natürlich immer mit Blick auf die Stadt selbst und ihre Besonderheiten.

Hier geht´s zu den Artikeln von:

Ansbach – Rokoko, Skulpturen & Ansbach Open

Aschaffenburg – afrikanisch-karibische Rhythmen, mediterrane Parks & hessisches Bebabbel

Bamberg – Mediterranes Flair in der Stadt auf sieben Hügeln

Bayreuth – Wagner, Wilhelmine, Weizen, Wurst & Wunderbares

Coburger Designtage & “CO”: Im Schmelztiegel von Design und Kultur

Dinkelsbühl – Heimatliebe, bunte Fassaden & #BasicGermanWords

Eichstätt – Zwischen Barock, Minimalismus und Romantik

Erlangen – Von Frankreich bis zum Nordseestrand: Wie ein Besuch in Erlangen zum Kurzurlaub wird

Fürth(er) – Kleeblatt, Kärwa & Kultur

Nürnberg – Stadtoasen & meine Lieblingsplätze in St. Johannis

Rothenburg ob der Tauber – Fränkische Romatik, anyone!? Auf asiatischen Spuren durch Rothenburg

Schweinfurt – Industriegeschichte trifft auf Kunst & Straßenmusik

Würzburg – maine Perle

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