Uhuru Peak: Zum höchsten Punkt Afrikas und zurück

Mir erscheint der 45-minütige Aufstieg vom Stella Point bis zum Uhuru Peak machbar. Für Jan allerdings stellt der Weg ein unüberwindbares Hindernis dar. Für ihn steht fest: Er wird mit Ernest direkt zurück ins Barrafu Camp gehen, während ich mich mit Denic zum höchsten Punkt des afrikanischen Kontinents aufmache. Mittlerweile ist es richtig hell. Der Mawenzi erstrahlt in der Ferne und die Gletscher des Kibo geben mir das Gefühl in der Arktis zu sein. Auf Fotos, die ich von anderen Bergsteigern gesehen habe, ist hier teilweise gar kein Schnee zu sehen. Doch während unseres Aufstiegs und auch die Wochen zuvor hat es viel geregnet, entsprechend viel geschneit hat es hier oben auf knapp 6.000 Metern Höhe. Ernest aber hat Recht behalten: Es hat heute Nacht nicht geregnet und der Wind hat sich zurückgehalten.

Der Weg Richtung Uhuru Peak ist anstrengender als erwartet. Doch die Sonne scheint hier über den Wolken nun endlich einmal und das Ziel ist zum Greifen nah.

Kilimanjaro Uhuru Peak

Denic und ich stampfen auf dem völlig mit Schnee bedeckten Kibo vorbei an Gletschern Richtung Uhuru Peak.

Kilimanjaro Uhuru Peak

Auf 5.895 Höhenmetern angekommen ist das Gefühl, den höchsten Punkt des afrikanischen Kontinents aus eigener Kraft erreicht zu haben, unglaublich.

Kilimanjaro Uhuru Peak (5.895 m AMSL)

Nun spüre auch ich die dünne Luft, das Atmen fällt schwerer als noch ein paar hundert Höhenmeter weiter unten. Wir machen Fotos und nur nach nur ein paar Minuten auf dem Uhuru Peak sucht uns unser stetiger Begleiter heim: Nebel. Auf dem Rückweg ist von den Gletschern nichts mehr zu sehen. Die Nebelschwaden haben den Kibo wieder vollkommen eingehüllt. Wir hatten Glück. Doch nun ist es Zeit den Rückweg anzutreten. Die meisten Gruppen sind bereits auf dem Weg nach unten. Also machen auch wir uns auf den Weg zurück zum Stella Point und dann weiter ins Barrafu Camp. Denn auch dort werden wir die kommende Nacht nicht verbringen, sondern müssen zunächst noch ein paar Hundert Höhenmeter weiter absteigen.

1,5 Stunden soll der Weg dauern, den wir in der Nacht sechs bis sieben Stunden mühsam nach oben gekraxelt sind. Wie soll das gehen, frage ich mich. Doch schnell erfahre ich was hinter dem Abstieg steckt: Es geht so steil bergab, dass man gar nicht richtig laufen kann. Hinzu kommt, dass der Lavasand, der in der Nacht noch gefroren war, nun so weich ist, dass ich bei jedem Schritt darin versinke. Sandboarden ist also der Sport, den alle Gipfelstürmer nun bergab betreiben.

Denic packt mich an der linken Hand, hakt mich ein. Ich greife einen meiner Wanderstöcke in meiner rechten Hand, er hat den anderen Wanderstock in seiner linken Hand und so sliden wir im Zick-Zack nach unten. In nur wenigen Metern haben wir einige hundert Höhenmeter verloren und der Gipfel des Kilimandscharo scheint in weiter Ferne. Irgendwie macht das Rennen bergab Spaß. Doch im Lavasand verstecken sich auch Felsbrocken. Bei dem Tempo, dass wir drauf haben, habe ich Befürchtung umzuknicken oder mit einem Fuß gegen einen Stein zu prallen. Und vor allem frage ich mich, wie Jan wohl nach unten gekommen ist, voller Erschöpfung… Doch es ist besser nicht daran zu denken…

Nach einer gefühlten Stunde Rennen, Stoppen, Pause, Sliden, Rennen, Stoppen, Sliden, Rennen, wird der Weg endlich flacher und wir können wieder normal gehen. Ich weiß es nicht genau, aber gefühlt haben wir vier bis fünf Stunden, die wir uns in der Nacht mühevoll Schritt für Schritt nach oben gearbeitet haben, bergab in weniger als einer Stunde zurückgelegt. Denic zeigt mir Stellen, an denen wir auf dem Weg nach oben Pause gemacht haben. Nur an wenige kann ich mich erinnern.

Going down to Barafu Camp (4.600 m AMSL)

Es dauert nicht mehr lange, da eröffnet sich das Barrafu Camp unter uns. Zwei Träger kommen uns entgegen, um uns unser Gepäck abzunehmen. Gegen 11 Uhr erreichen wir schließlich das Camp, von dem aus wir vor 10 Stunden den Aufstieg zum Uhuru Peak gestartet haben. Es sind bereits einige neue Gipfelstürmer eingetroffen. In unserem Zelt liegt Jan, immer noch völlig erschöpft. Tatsächlich sind Jan und Ernest genau wie Denic und ich nach unten gerannt. Eine Alternative scheint es nicht zu geben… Ich bin froh, dass nichts passiert ist. Abgesehen von der ständig mitschwebenden Gefahr höhenkrank zu werden, habe ich den 1,5-stündigen Abstieg als die gefährlichste Etappe empfunden. Nun bin auch ich völlig platt und lege mich neben Jan ins Zelt. Heute will ich nicht mehr aufstehen…

Doch eine weitere Nacht auf 4.600 Metern können wir nicht bleiben. Zum einen sollten wir so schnell wie möglich wieder auf unter 4.000 Höhenmeter kommen. Zum anderen halten die Neuankömmlinge Ausschau nach Plätzen, um ihre Zelte aufzuschlagen. Im Barrafu Camp fühle ich mich wie in einem Hobbit-Dorf. Hämmern, Klopfen, Kochen, Spülen – tausende Geräusche, die von außen in unser Zelt dringen. Ich fühle mich nicht in der Lage aufzustehen. Doch Wolfgang ist bereits wieder dabei unser Mittagessen vorzubereiten.

Kilimanjaro Way Down - Alpine Desert

Nach einer Stärkung müssen wir los. Ernest hat zwei Ziele zur Auswahl: Bis zum eigentlichen Tagesziel Mweka Camp auf 3.100 Metern Höhe sind es drei bis vier Stunden Fußmarsch. Bis zum High Camp auf 3.797 Metern Höhe nur ca. zwei Stunden. Unsere Entscheidung ist eindeutig: Wenn wir heute schon weiter müssen, um noch weitere Höhenmeter zu verlieren, ok. Aber dann so wenig Laufen wie möglich. Irgendwie bekommen wir es hin uns aufzuraffen, unsere sieben Sachen zu packen und aufzubrechen. Natürlich hat es auch wieder angefangen zu regnen und so bestreiten wir unseren Rückweg genau so, wie wir auch den Weg nach oben gemeistert haben: In einen Regenponcho gehüllt, die Wanderstöcke fest im Griff.

16_Kilimandscharo_Way_Down (2)

Wir kommen vorbei an geparkten Stretchern, mit denen die Leute nach unten transportiert werden, die nicht mehr in der Lage sind eigenständig zu gehen. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie es sich anfühlt auf einem dieser Sackkarren-ähnlichen Gefährte festgeschnallt zu sein, nicht mehr Herr der Lage und nicht mehr Herr seines eigenen Körpers. Laut Ernest mussten in der vergangenen Nacht mindestens drei Personen auf Stretchern nach unten gebracht werden. Also vergessen wir ganz schnell, dass wir eigentlich gerade keine Lust haben im Regen Richtung Camp zu laufen, und gehen weiter.

Kilimanjaro High Camp (3.797 m AMSL)

Am frühen Abend erreichen wir das High Camp auf 3.797 Metern. Nicht viele Gruppen übernachten hier. Doch das spielt keine Rolle. Die Wolken haben sich verzogen und der Kilimandscharo gibt seinen schneebedeckten Gipfel preis. Kaum zu glauben, dass es noch nicht einmal 24 Stunden her ist, dass wir dort oben standen. Fast 2.000 Höhenmeter liegen nun schon wieder zwischen uns und dem Uhuru Peak. Auf 4.000 Metern Höhe ist es jetzt auch schon wieder viel grüner als die Tage zuvor und uns trennt nur eine weitere Tagesetappe vom Abschluss unseres (P)Roof of Africa.

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