Grenzerfahrungen im Rheingau: Weinwanderung Rheinsteig

Unweit der hektischen Mainmetropole Frankfurt liegt das idyllische Weinanbaugebiet Rheingau mit seinen stark abfallenden Steilhängen, den darauf wachsenden immergrünen Weinreben, seinen zahlreichen großen wie kleinen Weingütern, zwischendrin dem Rhein, der sich wie ein riesiges Monstrum durch die Landschaft schlängelt und an dessen Ufern sich unzählige Burgen befinden. Sagen, Geschichte, Verwunschenes und Idyllisches ist hier vereint. Das Gebiet um den Mittelrhein ist ein Paradies für Wanderer, Radfahrer, Geschichts- und Kulturinteressierte sowie Schlemmer und Genießer.

Weinwanderung Rheingau

Auch uns hat mal wieder die Wanderlust gepackt. Wir wollen sie mit unserem Durst nach fruchtigen Weinen verbinden und begeben uns deshalb auf den Rheinsteig. Unsere Weinwanderung beginnt auf dem Weingut Nies in Lorchhausen. Ein kleines familiengeführtes Weingut mitten im Rheingau. Hier ist Weinanbau, Verkostung und Verkauf noch in Familienhand und alle helfen mit, die heute 25 Kopf große Gruppe an durstigen Wandersleuten zu verkosten, zu unterhalten und zu bespaßen. Die Rollen sind klar verteilt: Mutter Nies hat Häppchen vorbereitet, die auch gleich zum ersten Wein gereicht werden. Eine kleine Stärkung bevor es losgeht auf eine Wandertour durch die Weinberge, wäldliche Landstriche und am Ende am Rhein entlang führt. Sohnemann Nies wird uns durch die Weinberge führen und Vater Nies sorgt dafür, dass an jedem Rastplatz, an dem wir halten, bereits für flüssigen Nachschub gesorgt ist. Er ist außerdem dafür da, einiges rund um den Wein, die Weinberge und die Gegend um Lorch zu erzählen.

Weinwanderung Rheingau

Das sind spannende Aussichten, auch wenn sich die Sonne zum Start unserer Weinwanderung noch etwas hinter dicken grauen Regenwolken versteckt. Es ist Anfang August und wir haben eine gemütliche Truppe erwischt: Bunt gemischt sind Turnschuhträger, Nordic Walking-Anhänger (zumindest den Stöcken und Laufstiel nach zu urteilen), Genießer und Genießerinnen mittleren Alters sowie ein Junggesellinen-Abschied. Erster Stopp unserer Weinwanderung: Die Bahnschiene von Lorchhausen, ca. 10 Minuten Wartezeit. Nichts unübliches, wie wir später noch feststellen werden, denn in Lorch und überhaupt im ganzen Rheingau herrscht reger Bahnverkehr. Direkt danach folgt ein leicht steiler Aufstieg auf den Weinberg. Trotz verregnetem Wetter haben wir eine tolle Aussicht auf den Rhein und das sich an den Weinberg schmiegende Lorchhausen.

Bahnübergang Lorchhausen

Der Weinberg, auf dem wir stehen ist ziemlich schmal und wirkt eher klein. Dafür gibt es auch direkt eine Erklärung von Sohnemann Nies, unserem Wanderführer: Die Weinberge wurden früher von Generation zu Generation vererbt, unter den Erben gleichmäßig aufgeteilt und dadurch mit der Zeit immer kleiner. Da die Weinberge ziemlich steil sind, erfolgt die Weinlese von Hand, eine besondere Herausforderung für die Weinanbauer. Eine Ernte mit Maschinen ist somit unmöglich. Vielleicht ist es also besser, dass der familieneigene Weinberg nicht allzu groß ist…

Weinwanderung Rheingau

Und warum sehen die Reben eigentlich immer so schön gleichmäßig aus? Auch das hat einen Grund: Die Reben werden oben gekappt, damit sie nicht verwachsen. Das hat vor allem nicht nur ästhetische Gründe, sondern minimiert die  Gefahr, dass sich Pilze bilden und die Weinberge in Urwald ähnliche Zustände übergehen. Das alles klingt ziemlich nach Arbeit und ist es auch: Nur 8.000 bis 9.000 Flaschen Wein produziert die Familie Nies pro Jahr. Das ist nicht besonders viel, aber Resultat der Steilhang-Lage. Wäre ihr Weinberg nicht so abschüssig, könnten sie bis zu 17.000 Flaschen Wein pro Jahr erzeugen. Die Weine der Familie Nies müssen deshalb durch Qualität überzeugen. Über den Preis allein ist ein guter Umsatz nicht machbar. Mit diesen Erkenntnisen sind wir nun gespannt auf unsere zweite Weinprobe heute. Also nichts wie weiter! Die Regenwolken haben sich etwas verzogen und wir wandern entlang der am Wegrand markierten Weingläser, immer mit Blick auf den unter uns fließenden Rhein.

Weinwanderung Rheingau

Unser nächster Stopp führt uns zu einem kleinen Aussichtspunkt. Auf der gegenüberliegenden Rheinseite eröffnet sich uns die Burg Stahleck in Bacharach, eine Burgruine, die eine Jugendherberge beheimatet. Wohnen in einer Ruine – eine etwas gruselige, aber wie ich finde interessante Vorstellung.

Ausblick Bacharach Rheingau

Außerdem befinden wir uns heute ja auch auf einer Grenzwanderung. Grenzwanderung aber nicht wegen Gespenstern, oder weil wir hier körperlich an unsere Grenzen gehen. Nein, Grenzwanderung, weil wir uns auf der hessischen Seite, aber direkt an der Grenze zu Rheinland-Pfalz befinden. Bei Kaub endet nämlich Hessen und auch der Rheingau. Auch historisch verläuft hier eine Grenze: Die Burg Pfalzgrafenstein ist eine ehemalige Zollburg, die mitten im Rhein liegt und früher den Zollverkehr auf dem Rhein geregelt hat.

Burg Pfalzgrafenstein

Wir verlassen nun die Weinberge und wandern weiter durch ein wäldliches Gebiet mit dem Ziel, einen kleinen Grillplatz zu erreichen, wo uns ein weiterer Weißwein sowie ein Rotwein serviert werden und wir dazu frisch Gegrilltes genießen dürfen. Der Magen knurrt schon nach all den Anstrengungen.

Rheingau_Weinwanderung (19)

Die kleine Hütte steht allen Wanderern zur Verfügung, die auf dem Weg einen Snack oder kühle Getränke zu sich nehmen möchten.

Gestärkt treten wir den Weg nach unten an. Unser nächster Weinstopp befindet sich direkt am Rhein. In der Zwischenzeit hat sich auch die Sonne gegen die Regenwolken durchgesetzt und wir sind im Freistaat Flaschenhals angekommen. Freistaat Flaschenhals? Moment mal, spinnen die Winzer jetzt? Haben sie die Gegend um ihre Weingüter nach einer Weinflasche benannt? Nein, so ist es nicht. Die Gegend hieß bis in die 1920er Jahre tatsächlich Freistaat Flaschenhals, nachdem das schmale Gebiet am Rhein nach dem ersten Weltkrieg von den Alliierten unbesetzt geblieben war. Die beiden von den Alliierten besetzten kreisförmigen Gegenden, die sich nicht berührten, formten das einem Flaschenhals ähnliche Gebiet, das dadurch seinen Namen erhielt.

Freistaat Flaschenhals

Versorgt mit zahlreichen neuen Erkenntnissen, genährt mit Herzhaftem und weinhaltigen Getränken begeben wir uns am Rhein entlang auf den Rückweg in das Weingut Nies, wo unsere Grenz- und Weinwanderung mit einer großen Traubensaftschorle und einem Teller Spundekäs endet.

Wissenswertes & Praktisches am Schluss:

Weinwanderungen im Rheingau:

Im Sommer bietet die Familie Nies Weinwanderungen, so wie diese, an. Die Termine sind auf der Homepage des Weingutes oder auf www.rheingau.de zu finden. Von September bis Mitte Oktober findet die Weinlese statt.  Danach macht auch Familie Nies etwas Urlaub, denn im Winter folgen dann die Weinverkostungen auf ihrem Weingut.

Tipps für Hobby-Weintrinker (die ein bisschen Eindruck schinden möchten):

  • Die Temperatur des Weines ist entscheidend: Dass man Weißwein stets kühler trinkt als Rotwein, davon habe ich auch schön gehört, aber Sohnemann Nies hat einen interessanten Zusatz: Ein Weißwein, der etwas zu bieten hat, sollte nicht ganz so kalt getrunken werden. Denn: Ist der Wein zu kalt, können sich die flüchtigen Aromen nicht mit dem Sauerstoff verbinden und man schmeckt sie dadurch nicht.Rheingau_Weinwanderung (18)
    Also aufgepasst, wenn Sie demnächst einen zu kalten Weißwein serviert bekommen: Entweder er taugt nichts, oder der Kellner weiß gar nicht, was in seinem Wein steckt.
  • Ein Tipp für alle Veganer: Familie Nies produziert auch veganen Wein! Für mich klingt das erst einmal etwas schräg. Aber Sohnemann Nies erklärt, dass im Most, die im Normalfall aus Gelantine besteht, tierische Bestandteile vorzufinden sind. In mit „vegan“ gekennzeichneten Weinen vom Weingut Nies nicht!
  • Rheingau_Weinwanderung (20)Was ich mich schon immer gefragt habe: Wie wird ein Wein eigentlich trocken oder halbtrocken? Hat das etwas mit der Rebsorte zu tun? Wahrscheinlich eher nicht. Denn ein Silvaner zum Beispiel schmeckt allgemein weniger sauer als ein Riesling. Das Geheimnis liegt in der Gährung. Genauer gesagt darin, sie im richtigen Moment zu stoppen. Und zwar macht das der Winzer mit Sauerstoff. Aus diesem Grund enthält jeder Wein Sulfate, also Schwefel, die dem Wein zugesetzt werden, um die Gährung zu stoppen. Und da der Schwefel für den am nächsten Tag folgenden Kater verantwortlich ist, hat sich das Weingut Nies zum Ziel gesetzt den Schwefelgehalt in seinen Weinen so gering wie möglich zu halten. Sprich: Den Weinen wird etwas Sauerstoff hinzugefügt, der Winzer schaut, ob die Gährung einsetzt. Falls nicht war der Winzer erfolgreich und der Kater lässt vergebens auf sich warten.

Übernachtungsmöglichkeiten im Rheingau:

Im Rheingau wimmelt es nicht nur von Weinbergen und Weingütern, sondern auch von schnuckeligen Gästehäusern, teilweise ilyllisch inmitten der Weinberge gelegen. Eine gute Auswahl von Pensionen über Gutshöfer bis Campingplätze findet man auf der offiziellen Rheingau-Homepage.

Mein Tipp und selbst getestet: Gästehaus Gottesthaler Mühle

Rheingau_Gottesthaler_Muehle (1)

Die Gottesthaler Mühle liegt oberhalb von Oestrich, in der Gemeinde Oestrich-Winkel, verschlafen zwischen Rhein und Weinbergen. Das Gästehaus verfügt über sieben individuell eingerichtete Zimmer zum Teil mit Blick auf die Weinberge. Das Frühstück wird in familiärem Ambiente von den Besitzern selbst auf der großen Terasse serviert.

Gottesthaler Mühle

Etwas ausgefallen: Gästehaus Gundlach in Kaub

Gasthaus Gundlach Kaub

Das Gästehaus Gundlach wirbt mit Urlaub im Grünen und setzt dabei ganz auf Natur: Im Baumstammhaus schläft man ganz naturbelassen mit Blick auf den Rhein. Außerdem gibt es eine Stollensauna, in der man sich an kühlen Tagen aufwärmen kann.

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