Mit einem Dschungelkind durch den Tanjung Puting NP

“Wie lange seid ihr gereist, um von Deutschland nach Indonesien zu fliegen? Spürt ihr eigentlich, wenn ihr die Grenzen verschiedener Länder mit dem Flugzeug überquert? Essen die Menschen in Deutschland auch Reis? In welcher Sprache schaut ihr eigentlich Fernsehen?” – das sind allesamt Fragen, die wir gerne und mit einem Lächeln im Gesicht beantworten. Im Gegenzug erfahren wir viel über den Dschungel Süd-Borneos, seine Bewohner, über Geister und schwarze Magie und vor allem über die vom Aussterben bedrohten Orang Utans. Denn auf unserer Reise lernen wir einen ganz außergewöhnlichen, wissbegierigen und schlauen jungen Mann kennen. Sein Name ist Marwadi, er ist 31 Jahre alt und unser Guide auf unserer Tour durch den Regenwald im indonesischen Teil von Borneo, in Kalimantan.

Marwadi - Guide im Tanjung Putin NP

Drei Tage und zwei Nächte tuckern wir auf einem kleinen Hausboot, Klotok genannt, von Kumai aus startend auf dem Sekonyer-Fluss durch den Tanjung Puting Nationalpark, der 1977 zum UNESCO Biosphärenreservat erklärt wurde und insgesamt ca. 6.000 Orang Utans beheimatet.

Klotok im Tanjung Putin National Park

Das ist der Hauptgrund, warum Reisende aus aller Welt den weiten Weg in den indonesischen Teil Borneos wagen und sich, wie wir, auf die Spuren der Menschenaffen begeben. Die orange-braunen Urwald-Bewohner sind mit Sicherheit das absolute Highlight dieser Dschungel-Tour und für mich auf jeden Fall auch eines der Highlights auf unserer gesamten Indonesien-Reise. Nirgendwo sonst kann man ihnen noch so nah kommen, wie in den Aufzuchtstationen und am Ufer des schwarzen Flusses. Doch auf dem Weg durch den Dschungel stoßen wir auf zahlreiche weitere außergewöhnliche Urwaldbewohner, wie die ausschließlich auf Borneo lebenden Nasenaffen, Gibbons, Makakken und verschiedene Arten des eleganten Nashornvogels (Hornbill). Nur die ebenfalls im Fluss lebenden Krokodile bekommen wir auf unserer Tour leider nie zu Gesicht.

Nassenaffen Tanjung Putin NP

Nasenaffen Tanjung Puttin NP

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Zu jeder Affen-und Vogelart kann Marwadi etwas erzählen. Und während uns unser Kapitän Vony zusammen mit seinem Assistenten Usup durch den immer schmaler werdenden Sekonyer flussaufwärts chauffiert und Joleha, die treue Köchen, uns wiedermal ein schmackhaftes und üppiges Mahl zubereitet, unterhält uns Marwadi mit spannenden Geschichten.

Klotok Tanjung Putin National Park

Marwadi ist im Dschungel geboren und aufgewachsen. Nichts kennt er so gut wie die Pflanzen und Tiere, die in Kalimantan beheimatet sind. Er ist ein echtes Dschungelkind.

Als Kind habe ich zusammen mit meinem Vater im Dschungel gejagt. Von klein auf war ich mit dabei. Einmal hat mein Vater mich auf einem Baum ausgesetzt, um mich zu testen“, erzählt Marwadi in tiefen Erinnerungen schwelgend. “Ich war kurz davor zu weinen, habe aber durchgehalten und mein Vater war sehr stolz auf mich. Danach wusste er, dass ich bereit bin für den Dschungel“, so Marwadi weiter. Wir sind beeindruckt: Marwadi hat Kalimantan noch nie verlassen, allerdings ist er sehr am kulturellen Hintergrund seiner Gäste interessiert. Vor allem die unterschiedlichen Sprachen beeindrucken ihn und er ist fleißig dabei deutsche Wörter von uns aufzuschnappen und zu wiederholen. “Angenehm“, “heiß“, “scheiß heiß” brabbelt er munter vor sich hin.

Tanjung Putin National Park

Sein Englisch ist sehr gut. Marwadi hat Englisch gelernt, um Tour-Guide werden zu können. In der Schule war er nie der Beste. Doch wenn er heute zurück in sein Heimatdorf kommt, staunen alle was aus ihm geworden ist. 2008 hat er angefangen Englisch zu lernen, 2009 führte er bereits Abenteuerlustige wie uns durch den Tanjung Putin National Park. Da in den Sommermonaten viele spanische Gäste kommen, lernt Marwadi auch Spanisch, erzählt er uns während wir unser Mittagessen genießen. In seinem kleinen Gästebuch lesen wir, dass er mit seinem Wissen und seiner Neugier nicht nur uns stark beeindruckt hat.

Tanjung Putin National Park

Marwadi lebt heute mit seiner Frau, die ursprünglich aus Yogya kommt, und seinem dreijährigen Sohn in Pangalan Bun. Im Juni erwarten die beiden ihr zweites Kind. Oft besucht er seine Familie, die nach wie vor inmitten des Dschungels lebt. Marwadi ist stolz, stolz auf sich, auf seine Geschichte und auf sein Land. Und das kann er auch sein. Denn es ist wundervoll hier. Wundervoll friedlich und ruhig. Um uns herum gibt es nur die Natur und ein paar Klotoks mit Reisenden an Board, die den Fluss entlang fahren. Dazwischen ein paar Fischer auf ihren kleinen Holzbooten und sonst nur Grillen-Zierpen, Vogel-Gezwitscher und Affen-Brüllen.

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Fischer auf dem Sekonyer, Tanjung Putin National Park

Tanjung Putin National Park

Man könnte fast vergessen, dass dieses friedliche Stückchen Land, das die letzten wenigen Menschenaffen beheimatet, nur unweit von den bedrohlichen Palmölplantagen entfernt ist. Es ist ein mulmiges Gefühl, wenn ich daran denke, dass der Lebensraum der Orang-Utans und aller anderen Urwald-Bewohner immer kleiner wird, nur weil die industrialisierte Welt kaum mehr ohne Palmöl auskommen kann. In fast jedem Produkt steckt das Öl, weswegen jährlich zehntausende Quadratkilometer Regenwald abgeholzt werden. Und zurück bleibt ein wehmütiges, aber auch ein unbeschreibliches Gefühl – nämlich wenn zum Beispiel Gundur, König des Camps Tanjung Harapan vor uns steht und uns ansieht als würde er uns inspizieren und genau beobachten, ob wir seinem Territorium zu nahe kommen.

Gundur - Camp Tanjung Harapan

Oder Mud, eine wilde Orang-Utan-Dame, die zufällig mit ihrem Baby in den Bäumen sitzt als wir mit unserem Klotok vorbeifahren und sie versucht mit kuss-ähnlichen Lauten mit uns zu kommunizieren.

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Oder Siswi, die uns beim Verlassen des Camp Leaky bis zur Boots-Anlegestelle folgt und uns beim Wegfahren so traurig hinterherschaut als würde sie sagen wollen “Bleibt doch!!

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Genau in diesen Momenten herrscht in mir ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Ein Gefühl, das mich erdet und mich der Natur so nahe bringt wie kaum zuvor.

Camp Leakey Tanjung Putin National Park

Auf unserer dreitägigen Tour durch den Tanjung Putin National Park haben wir drei Camps besucht: Camp Tanjung Harapan, Camp Pondok Tanguin (zwei Mal) und schließlich Camp Leakey. Die Klotoks steuern die verschiedenen Camps immer zu den Fütterungszeiten der Orang-Utans an.

Klotoks im Tanjung Putin National Park

Dort wartet man dann darauf, ob die behaarten Urwaldeinwohner an diesem Tag auch wirklich kommen und beobachtet sie ganz still mit ausreichend Sicherheitsabstand. Es gibt keine Garantie, dass die Orang-Utans tatsächlich zur gewohnten Zeit an der Futterstelle erscheinen. Finden sie im Wald genügend Früchte, verzichten sie gerne mal auf Bananen und Milch, sowie die wohl teilweise kilometerlange “Anreise” durch die Baumwipfel. Auch wir warteten im Camp Pondok Tanguin gleich zwei Mal vergeblich. Doch umso überwältigender ist das Gefühl, wenn nach ein paar Minuten und Rufen der Ranger die Orang-Utans tatsächlich aus allen möglichen Richtungen kommen und sich durch die dichten Baumkronen schwingen und dabei auf ihre Babys achten, wie wir es von uns Menschen kennen.

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Camp Leakey Tanjung Putin National Park

In der Zeit zwischen den Camp-Besuchen genießt man einfach den Fahrtwind auf dem Klotok, die Natur mit all ihren Geräuschen und Überraschungen, die überall in den Bäumen warten, lässt sich das Essen schmecken, das frisch an Board zubereitet wird und lauscht den spannenden Geschichten eines Dschungelkindes.

 

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Unsere Tour haben wir über Wild Orangutan Tours gebucht. Service, Personal und Abwicklung inklusive Infos vorab waren einwandfrei & somit absolut weiterempfehlenswert!

Leseempfehlung: Zur Vorbereitung  auf deinen eigenen Trip nach Kalimantan schau auf Indojunkie.com vorbei! Der Blog ist ein echtes Fundstück, was Indonesien betrifft. Ich habe dort einen Gastbeitrag verfasst, der 10 Vorbereitungs-Tipps liefert.

4 Kommentare
  1. Wahnsinn, die Fotos sind ja der Wahnsinn!! 🙂 Da bekommt man sofort richtiges Fernweh und ich hab gleich angefangen nächste Urlaubspläne zu schmieden,vielleicht im Anschluss dann noch nach Nordsulawesi zum Relaxen am Strand oder so 😉 Darf ich fragen, wie seid ihr denn Pangkalanbun gekommen, ich nehme an geflogen?? Das Internet spuckt nur die Option aus, von Java aus mit Trigana oder KalStar- beide auf der blacklist… Falls ihr mit denen geflogen seid, was hattet ihr für einen Eindruck?
    Liebe Grüße aus Wien! Bettina

  2. Liebe Bettina,

    danke! Das freut mich, dass dir mein Beitrag gefällt und er dich direkt zur Urlaubsplanung angeregt hat! 🙂
    Nach Pangkalan Bun sind wir von Jakarta aus geflogen und weiter dann nach Semarang, beide Flüge mit Trigana Air. Denn du hast Recht: Trigana Air und Kalstar sind die beiden einzigen Airlines, die Pangkalan Bun anfliegen. Dazu kommt noch, dass man Trigana Air nicht direkt online buchen kann, sondern über einen TravelAgent buchen muss. Aber das hat auch gut geklappt. Wenn du also noch weitere Infos inklusive Links benötigst, schreib mir einfach eine kurze Mail an mail@smile4travel.de, dann schick ich dir gerne noch weitere Infos zu! Und zu deiner Frage: Der Flug mit Trigana Air hat sich nicht anders angefühlt wie die anderen Inlandsflüge auch… 🙂 Also keine Unsicherheiten oder ähnliches gespürt.

    Viele Grüße zurück nach Wien!
    Steffi

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